2. GRÜNDUNG UND NEUBESETZUNG

2.7. WAHL ODER BENENNUNG

AUSGANGSSITUATION IN BAYERN

Die große Mehrheit der Beiräte Bayerns wird durch die migrantische Bevölkerung in der jeweiligen Kommune gewählt (in Bamberg, Erlangen, München und Nürnberg, aber auch in kleineren Städten und Landkreisen wie Ansbach, Bad Kissingen, Lindau, Schwabach und Starnberg). In einzelnen Städten werden die Mitglieder des Beirats vom Stadtrat benannt (in Burghausen, Schweinfurt und Weiden).

WARUM SOLLTEN BEIRÄTE DURCH WAHLEN LEGITIMIERT SEIN?

Beiräte sind nur dann demokratisch legitimiert, wenn sie von der migrantischen Bevöl- kerung gewählt werden. Denn dann haben die Wähler_innen die Möglichkeit, direkten Einfluss auf die personelle Zusammensetzung des Beirats auszuüben. Zudem ist die Wahl wichtig, weil nur Beiratswahlen ermöglichen die demokratische Teilhabe für die Menschen, die bei den Kommunalwahlen nicht wahlberechtigt sind.

GERINGE WAHLBETEILIGUNG – WAS IST ZU TUN?

Die Wahlbeteiligung kann erhöht werden durch:

Grundsätzlich kann in einem demokratischen System eine niedrige Wahlbeteiligung kein Argument gegen Wahlen sein. Die geringe Wahlbeteiligung zeigt vielmehr, dass ein Beirat mit mehr Entscheidungskompetenzen und Ressourcen ausgestattet sein sollte. Dann könnte ein Beirat die Interessen der migrantischen Bevölkerung besser vertreten und umfassend über seine Arbeit und die Wahlen informieren.

WANN IST EIN BENENNUNGSVERFAHREN DENNOCH SINNVOLL?

Empfehlenswert ist eine Benennung des Beirats in folgenden Fällen:

  • Die Kommune ist sehr klein und und hat wenig Einwohner_innen mit Migrations- geschichte.
  • Ein Beirat wird neu gegründet und die nötigen Voraussetzung für die Durchführung einer Wahl sind noch nicht gegeben. Der Beirat sollte dann mit der Verwaltung eine Wahl für die zweite Legislaturperiode vorbereiten und durchführen.

Hinzu kommt die Möglichkeit, dass zum Zeitpunkt der Wahl keine geeignete Kandidat- _innen zur Verfügung stehen, und/ oder dass später auf Vorschlag des Beirats für die offenen Sitze Mitglieder durch den Stadtrat einberufen werden.

WIE FUNKTIONIERT EIN BENENNUNGSVERFAHREN?

Für die Benennung gibt es zwei Vorgehensweisen. Die Mitglieder werden von migran- tischen Organisationen, Vereinen oder Initiativen als Vertreter_innen in den Beirat entsandt und vom Stadtrat ernannt (Delegationsprinzip, zum Beispiel in Burghausen und Schweinfurt). Eine andere Variante ist es, dass die Mitglieder als Einzelpersonen nach festgelegten Kriterien vom Stadtrat ausgewählt und ernannt werden (zum Beispiel in Weiden).

PROBLEMATIK DER BENENNUNG

Bei der Auswahl durch den Stadtrat oder die Zusammensetzung nach dem Delegations- prinzip ist die Akzeptanz eines Beirats bei der migrantischen Bevölkerung in Frage gestellt. Die Auswahl durch den Stadtrat kann zu einer politischen Abhängigkeit der Migrant_innen von den Stadtratsfraktionen führen. Eine unabhängige politische Arbeit und Vertretung der Interessen von Migrant_innen ist so erschwert.
Beim Delegationsverfahren besteht zudem die Gefahr, dass die Vielfalt der migranti- schen Bevölkerung kaum abgebildet wird, da kleinere Communities vergleichsweise weniger organisiert sind.